Mittlerweile gibt es in Deutschland so viel Psychotherapeuten wie es Hausärzte gibt. Und dennoch klagen die Patienten über hohe Wartezeiten. Bis zu fünf Monate dauern die. Gerade für schwerst psychisch Kranke, so sagt der bekannte Psychiater Manfred Lütz, sei das eine Katastrophe. Als er jüngst im Spiegel kritisierte, dass die Psychotherapeutenpraxen vor allem jene füllen, die da evtl. gar nicht hingehörten, brauste über ihn ein Sturm der Entrüstung. Auch die Pläne des Gesundheitsministers, etwas genauer zu schauen, wer Psychotherapie braucht und wer nicht, waren bisher weniger erfolgreich und eine Petition dagegen mit über 200.000 Unterzeichnenden ein eindrucksvolles Statement. Längst ist der „Psychomarkt“ zum Milliardengeschäft geworden. In Berlin hat ein Start-Up nun eine Kooperation mit Versicherungen, die ihre 15 Millionen Mitglieder kostenfrei einen dreimonatigen Therapiekurs klicken lassen – gegen Stress, Angst und allerlei anderes. Wer das Premiumpaket bucht, kann „sogar” mit einem Psychotherapeuten telefonieren – eine halbe Stunde, einmal die Woche. Und eine App, die die Stimmung aufzeichnet gibt es auch. Auf der anderen Seite sagen Forscher, dass ernsthafte psychische Erkrankungen gar nicht zugenommen hätten. Werden allgemeingesellschaftliche Probleme und ihre Auswirkungen zu schnell pathologisiert? Wie war das in den 70er Jahren, als es statt Einzel- vor allem die Gruppentherapie gab und man die angeblich krankmachende Gesellschaft gleich mittherapieren wollte? Wir waren bei dem Berliner Start-Up, bei einem Historiker und dem Psychiater Manfred Lütz. Alles amDienstag, den 03.07.2019 in der KULTURZEIT um 19.20 Uhr auf 3SAT.